20. März 2020 | NEWSFLASH Umweltrecht

Flughafen Heathrow darf dritte Piste wegen Klimaschutzbedenken nicht bauen

Mit einem Déjà-vu aus Sicht des österreichischen Klimaschutzrechts ließ das englische Berufungsgericht aufhorchen: Die dritte Piste des größten Londoner Flughafens darf nicht gebaut werden, weil sie in der Klimastrategie Großbritanniens nicht vorgesehen ist. Nachbarinnen und Nachbarn, Umweltschutzorganisationen und die Stadt London legten Rechtsmittel gegen den Ausbau ein und bekamen Recht. Damit scheitert der Flughafen in der zweiten Instanz, ein erneutes Rechtsmittel ist aber wahrscheinlich.

Klimaschutz hat Vorrang – zumindest vorerst

Die erste Instanz des Genehmigungsverfahrens – die Regierung selbst – genehmigte den Ausbau des Flughafens. Gegen diese Entscheidung wurden von mehreren Seiten Rechtsmittel erhoben. Ein Hauptargument gegen den Bau war dabei neben dem Lärmschutz vor allem der Klimaschutz, konkret eine mögliche Verletzung der Zusagen Großbritanniens nach dem Vertrag von Paris. Das Gericht stellte fest, dass die dem Projekt zugrundeliegende Planung der Regierung diesen Vertrag und die daraus entstehenden Pflichten nicht ausreichend berücksichtigen würde und daher der Bau zu versagen war.

Dabei legte das Gericht fest, dass nicht prinzipiell der Bau oder die Erweiterung eines Flughafens selbst verboten wären. Allerdings müssten diese im nationalen Klimaplan ausreichend Berücksichtigung finden, sodass diesen Projekten zuordenbare Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) nicht zu einer Verletzung der Verpflichtungen des Staates zum Klimaschutz führen dürften. Da die Regierung den Flughafenausbau jedoch selbst nicht in ihren Klimaschutzplänen berücksichtigen würde, fehlt diese Genehmigungsvoraussetzung bei einem stark für den THG-Ausstoß relevanten Projekt.

Die Regierung selbst, konkret der Infrastrukturminister Shapps, hat bereits angekündigt, gegen die Entscheidung kein Rechtsmittel einzulegen. Premierminister Johnson war in der Vergangenheit selbst Kritiker der Ausbaupläne. Der Flughafenbetreiber kündigte jedoch umgehend den Gang vors Höchstgericht an. Wie erfolgreich er dort allerdings bei einer dem Projekt eher negativ eingestellten Regierung sein wird, ist angesichts des Kritikpunktes des Berufungsgerichts fraglich. Hält nämlich das Höchstgericht das Argument aufrecht, dass eine Berücksichtigung in der Klimastrategie notwendig ist, ist dafür eine Anpassung derselben durch die Regierung notwendig.

Klimaschutz wird ernst genommen

Die Entscheidung des Court of Appeal bedeutet auch eine Stärkung des Pariser Klimaschutzübereinkommens in der rechtlichen Debatte. Während in Österreich die Berufung darauf dem Verfassungsgerichtshof nicht ausreichte, nutzte das englische Gericht die daraus entstehenden Pflichten zur Berücksichtigung und verneint die Genehmigungsfähigkeit. Der Streit, auf welcher Ebene die Auswirkungen von Einzelprojekten auf den Klimaschutz wahrzunehmen sind, wird schon länger in der Umweltrechtsszene diskutiert.

Aufgrund ihrer Größe und der überproportional starken Auswirkung von Flug-Emissionen auf das Klima eignen sich Flughäfen als Kristallisationspunkt dieser rechtspolitischen Frage. Gerade hier ist eine klare politische Entscheidung für oder gegen den Bau derartiger Projekte unerlässlich, der Widerspruch zwischen Klimaschutzzusagen nach Paris und der Genehmigung einer neuen Landepiste zu offensichtlich. Und so lautet schließlich auch das Urteil des Berufungsgerichtes: Dieser Bau ist nicht erlaubt, wenn dessen Folgen nicht auf einer politischen und den internationalen Vorgaben entsprechenden Weise berücksichtigt werden. Das ist nur konsequent und sollte Vorbildwirkung haben: Wie die Klimaziele erreicht werden ist nicht Sache der Gerichte, aber ihre Einhaltung darf nicht verunmöglicht oder hintergangen werden.

Weitere Informationen:

Das Urteil des Court of Appeal im Volltext

Briefing der Umweltschutzorganisation Friends of the Earth

Zum Urteil am Umweltrechtsblog