23. Januar 2020 | NEWSFLASH Umweltrecht

Erste Klimaklage siegt vor niederländischem Höchstgericht

Der Antrag auf strengere Klimaschutzmaßnahmen stützt sich auf die Schutzpflicht des Staates für die eigene Bevölkerung auf Basis der Menschenrechte.

Am 20. Dezember entschied der „Hohe Rat“, das Höchstgericht der Niederlande, zugunsten der Klage der Umweltschutzorganisation Urgenda. Er gab damit, wie alle Instanzen davor, dem Antrag auf strengere Klimaschutzmaßnahmen Recht, der sich auf die Schutzpflicht des Staates für die eigene Bevölkerung auf Basis der Menschenrechte stützt. Die Niederlande müssen daher jetzt ihre Bemühungen zum Klimaschutz verstärken. Für andere Staaten hat das keine direkten Auswirkungen, könnte jedoch als Präzedenzfall herangezogen werden.

Der Hoge Raad bestätigt die Klimaklage

Das niederländische Höchstgericht in Zivil-, Steuer- und Strafrechtssachen wies die Beschwerde der Regierung gegen die erfolgreiche Klage der Umweltschutzorganisation Urgenda ab. Damit ist die Entscheidung nun auch rechtskräftig, die bereits in erster und zweiter Instanz den niederländischen Staat zu mehr und strengeren Klimaschutzmaßnahmen verpflichtete (Hoge Raad 20.12.2019, 19/00135, ECLI:NL:HR:2019:2006).

Das bedeutet, dass die Pflicht der Niederlande zur Reduktion von 25 % des Treibhausgas-Ausstoßes gegenüber 1990 bis Ende 2020 feststeht. Begründet wurde diese Entscheidung vom Gericht damit, dass die Gefährdung der Menschheit durch die Klimakrise „in der Wissenschaft und der internationalen Gemeinschaft“ anerkannt ist und dementsprechend die Erderwärmung auf 2 Grad, bzw. „nach letzten Erkenntnissen eigentlich 1,5 Grad“ zu beschränken ist, um Wetterextreme, einen Meeresspiegelanstieg, Nahrungsmittelknappheit und gefährliche Klima-Kipp-Punkte zu vermeiden.

Rechtlich gesehen bestätigt das Gericht damit die staatliche Abwehrpflicht von Gefahren im Sinne von Artikel 2 und 8, sowie 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), also das Recht auf Leben, das Recht auf Privatleben und das Recht auf wirksamen Rechtsschutz. Das Gegenargument der Regierung, dass Gerichte eine solche politische Verpflichtung des Staates nicht zu beurteilen haben, wies das Gericht mit Hinweis auf die Schwere der Folgen der Klimakrise zurück und betonte die Pflicht aller staatlichen Institutionen, diese Gefahren ernst zu nehmen.

Keine direkte Auswirkung auf Österreich, aber…

Eine direkte Wirkung auf Österreich hat das Urteil nicht, es ist auch angesichts der verschiedenen Rechtsschutzsysteme der niederländischen und der österreichischen Verfassung nicht einfach umlegbar. Relevant ist jedoch die Entscheidungsbegründung, die sich auf die EMRK stützt und damit auch in Österreich beachtlich ist. Die von GREENPEACE angekündigte „Klimaklage“ nutzt ebenfalls ein auf der EMRK beruhendes Argument und wird sicherlich auf die Abwägungen des Hohen Rates verweisen. Die als Individualanträge an den Verfassungsgerichtshof ausgestaltete „Klimaklage“ richtet sich in Österreich gegen einzelne, besonders klimaschädliche Rechtsakte. Bis Mitte Februar können sich auch noch Einzelpersonen der österreichischen Klimaklage auf deren Webseite anschließen.

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