27. Januar 2022 | NEWSFLASH Umweltrecht

Umweltverfahren und Erfolgsfaktoren: Zur Erreichung einer biodiversitätsschonenden Energiewende

Daten zu Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren der letzten zehn Jahre zeigen, dass Genehmigungsverfahren im UVP-Regime weitgehend rasch geführt werden. Der nachhaltige Umbau unseres Energiesystems führt dazu, dass die Beurteilung und Genehmigung energiewirtschaftlicher Anlagen an Bedeutung gewinnen. Ergebnisse eines ÖKOBÜRO Projektes zur Wirksamkeit von Umweltverfahren ergänzen die Verfahrensstatistiken zur UVP um die wesentlichen Erfolgsfaktoren zur Gewährleistung effektiver Umweltverfahren.

Umweltverfahren als Umweltschutzinstrument und Garant für Rechtssicherheit

Ziel der UVP ist es, Umweltauswirkungen eines geplanten Projektes (z.B. Straße, Stromleitung, Windpark, Abfallbehandlungsanlage) im Vorhinein zu prüfen und zu bewerten und dabei negative Auswirkungen nach Möglichkeit auszuschließen bzw. zu minimieren. Die Führung eines Umweltverfahrens (auch außerhalb der UVP) schafft Rechts- und Planungssicherheit, stellt den Schutz vor Willkür und die Einhaltung der materiellen Genehmigungsvoraussetzungen sicher. Darüber hinaus fördern gut geführte Verfahren die Akzeptanz der Betroffenen. Verfahren und Öffentlichkeitsbeteiligung tragen zur Qualitätssicherung, dem Umweltschutz und der Sicherung der Lebensqualität bei. Diese Aspekte zum Nutzen von Umweltverfahren wurden von ÖKOBÜRO und dem Institut für Rechtswissenschaften der BOKU Wien in einem gemeinsamen Projekt erhoben.

UVP-Datenbank zeigt: Umweltverträglichkeitsprüfung ist auch im Bereich der Energiewende ein effizientes Instrument zur Bewertung von großen und komplexen Projekten

UVP-Verfahren sind im Erneuerbaren Energiebereich bei der Genehmigung von Windkraftanlagen Starkstromfreileitungen und Wasserkraftwerken ab einer gewissen Größenordnung durchzuführen. Für die Genehmigung von Windkraftanlagen kommt das vereinfachte Genehmigungsverfahren zur Anwendung (vgl. Anhang I Z 6 UVP-G). Die Genehmigung von PV-Freiflächenanlagen, egal welcher Größe, unterliegt in Österreich – im Gegensatz zu anderen EU-Ländern – nicht der UVP-Pflicht. Eine Auswertung der UVP-Datenbank für die Jahre 2011 bis 2021 ergibt, dass der Großteil der UVP-Verfahren im Bereich der Erneuerbaren Energien in den letzten zehn Jahren zu Windkraftanlagen geführt wurde (etwa 80%).

Innerhalb dieses Zeitraumes wurden im Schnitt 22 UVP-Genehmigungsanträge über alle Vorhabenstypen hinweg jährlich eingereicht. Nur etwa 1% der in diesem Zeitraum beantragten Projekte wurden bisher nicht genehmigt. Das UVP-Monitoring, das seit dem Jahr 2009 betrieben wird, zeigt die mittlere Verfahrensdauer in UVP-Verfahren (mangels Verfügbarkeit des neuen UVP-Berichtes, Stand 2018):

Verfahrensart/ Vorhabenstyp:

ab Antragstellung / ab öffentliche Auflage (=Vollständigkeit Unterlagen) 

Feststellungsverfahren

3,3 Monate / 2,7 Monate

UVP-Genehmigungsverfahren

13,5 Monate / 7,1 Monate

Beschwerdeverfahren

5 Monate

Die mittleren Verfahrensdauern ab Vollständigkeit der Unterlagen finden sich, trotz der einem UVP-Vorhaben inhärenten Komplexität, in einem angemessenen Zeitrahmen (2,7 und 7,1 Monate) wieder. Es wird eine erhebliche Verkürzung der Verfahren ersichtlich, wenn die mittlere Verfahrensdauer ab der öffentlichen Auflage bis zur Entscheidung der UVP-Behörde berechnet wird. Gründe für überdurchschnittliche Verfahrensdauern bei vereinzelten Genehmigungsverfahren werden überwiegend in der Komplexität von Vorhaben, die eine Vielzahl von umweltrelevanten Fachbereichen betreffen, gesehen. Dort kommt es erfahrungsgemäß zu mehrfachen Nachbesserungen der Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) und oft auch zu Projektänderungen, deren Ausarbeitung mehrere Monate dauern kann. Verzögerungen können sich außerdem durch die im Rahmen der öffentlichen Auflage erstmals aufgebrachten Fragestellungen und deren Abklärung ergeben. 

Effiziente Umweltverfahren – Fünf Erfolgsfaktoren 

Die Forcierung einer biodiversitätsschonenden Energiewende, aber auch die Anpassung unseres Mobilitätsverhaltens wird die Umsetzung entsprechender – auch UVP-pflichtiger - Vorhaben notwendig machen. Der Ausgestaltung und Führung von Umweltverfahren werden dabei eine wichtige Bedeutung zukommen. ÖKOBÜRO hat gemeinsam mit dem Institut für Rechtswissenschaften der BOKU Wien untersucht, was gute Umweltverfahren und gute Genehmigungsbescheide ausmachen. Dabei sind die wichtigsten fünf Erfolgsfaktoren: 

  1. Ausreichend personelle Ressourcen für die Führung von Umweltverfahren bei der Behörde: Hiermit ist auch gemeint, dass genügend Amtssachverständige in allen Fachbereichen für eine hochwertige Betreuung von Umweltverfahren zur Verfügung stehen.
  2. Eine gute und frühzeitige Kommunikation, Information und Öffentlichkeitsbeteiligung: Insbesondere eine klare und EU-rechtskonforme gesetzliche Festlegung von Beteiligungsrechten erhöht die Rechtssicherheit und die Planbarkeit von Verfahren für die Projektwerbenden.
  3. Verfahrensmanagement und -struktur: Das beinhaltet one-stop-Shop (konzentriertes Genehmigungsverfahren), gute und transparente Verfahrensstruktur, vorausschauende zeitliche Planung, klare inhaltliche Vorgaben an Projektwerbende und andere Verfahrensbeteiligte. Die Transparenz und Nachvollziehbarkeit des behördlichen Handelns helfen, um Verfahren planbarer und damit auch effizienter zu gestalten. Es wurde betont, dass die Inanspruchnahme des fakultativen Vorverfahrens (wie es in der UVP möglich ist) ein gutes Instrument für die Gewährleistung einer guten Projektplanung und vollständiger Unterlagen sein kann. Das erhöht insgesamt die Planungssicherheit und spart Zeit und Ressourcen.
  4. Vollständige und qualitativ hochwertige Beurteilungsgrundlagen: Ein durchdachtes und gut abgestimmtes Projekt ist die Grundlage für ein erfolgreiches Umweltverfahren. Hier steht insbesondere die fachlich gute und vollständige Bewertung der Umweltauswirkungen im Vordergrund. Je fokussierter und genauer die Einreichunterlagen sind, desto konfliktfreier können diese beurteilt werden. Die für die Beurteilung erforderlichen Umweltdaten sollten möglichst umfassend vorliegen und für die Verfahrensbeteiligten auch zugänglich sein. 
  5. Strategische Planungen, etwa im Energiebereich oder in der Raumordnung, bieten einen übergeordneten Rahmen, in dem Grundsatzfragen (Bedarf, Varianten, Standortmöglichkeiten etc.) vorab geklärt werden und damit UVP-Verfahren auf Projektebene entlastet werden können. Dabei wird die begleitende Durchführung einer strategischen Umweltprüfung (SUP) unter Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit als wichtig angesehen

Bescheidanalyse zeigt: Beteiligung an Umweltverfahren hebt die Qualität von Bescheiden  

Die vergleichende Analyse von 56 UVP-Genehmigungsbescheiden zu ausgewählten Vorhabenstypen zeigt außerdem, dass eine verstärkte Beteiligung der Öffentlichkeit die UVP-Behörde zu einer vertieften Begründung veranlasst. Darüber hinaus war auch die Qualität der Bescheide höher, welche klar strukturiert waren, denn diese klare Struktur ermöglicht eine sorgfältigere Subsumption. So sorgen die abschließenden Bescheide für Rechtssicherheit und ermöglichen effektiven Rechtsschutz. Abschließende Erkenntnis in der Analyse war, dass die formale Stellung von Beteiligten und die inhaltliche Bearbeitung und Würdigung ihres Vorbringens mitunter auseinandergehen. Auch bei einer formalen Zurückweisung von Vorbringen der beteiligten Öffentlichkeit werden vorgebrachte umweltrelevante Aspekte regelmäßig dennoch behandelt – ein Beleg dafür, dass den Argumenten der beteiligten Öffentlichkeit in Verfahren Gewicht zukommt. 

Weiterführende Informationen: 

ÖKOBÜRO Broschüre: Umweltverfahren wirksam gestalten – Nutzen und Erfolgsfaktoren

UVP-Dokumentation des Umweltbundesamtes

UBA Verfahrensmonitoring 2009 bis 2018

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