27. Mai 2025 | News, Einfach erklärt

Einfach erklärt: Die EU-Erneuerbaren-Richtlinie (RED III)

Wie ist die Energiewende europarechtlich geregelt? Was bedeutet das für den Naturschutz in Österreich? Das neue ÖKOBÜRO-Format "Einfach erklärt" blickt hinter die Kulissen der Energiepolitik.

Die Energiewende ist ein zentraler Baustein im Kampf gegen die Klimakrise. Damit die EU und Österreich bis 2050 bzw. 2040 klimaneutral werden braucht es einen raschen Ausbau der erneuerbaren Energien und eine Anpassung der Netzinfrastruktur. Um diesen Ausbau zu beschleunigen hat die EU im Jahr 2023 die EU-Erneuerbaren-Richtlinie novelliert – zum dritten Mal. Diese Novelle wird in Kurzform als RED III bezeichnet. In diesem "Einfach erklärt” geht es um die Grundzüge der RED III und die Frage, wo die Grenzen der Beschleunigung liegen.

Grundlegendes

Die RED III ist eine EU-Richtlinie. Genauer gesagt der aktuelle Stand der Renewable Energy Directive (EU-Erneuerbaren Richtlinie). Im Jahr 2023 wurde sie novelliert – zum dritten Mal. So ergibt sich die Kurzform RED III.

Die RED III ist die europarechtliche Basis für die vermeintliche Beschleunigung der Energiewende. Da es sich nicht um eine Verordnung, sondern um eine Richtlinie handelt, müssen die Zielvorgaben Regelungen von den Mitgliedsstaaten erst in nationales Recht umgesetzt werden. Hier gibt es jedoch einen entscheidenden Haken: Die Bestimmungen der RED III können jedoch auch zur Gefahr für den Klimaschutz werden – durch das Herabsenken von Umweltschutzstandards und Ausnahmen von Prüfpflichten. Deshalb ist besonders wichtig, dass die nationale Umsetzung der Richtlinie dem Klimaschutz ausreichend Rechnung trägt, z.B. durch bestimmte Ausnahmen. Die Umsetzung der RED III kann auch zur Gefahr für den Klimaschutz werden.

Die RED III soll eigentlich den Ausbau erneuerbarer Energieanlagen sowie der Netz- und Speicherinfrastruktur in den Mitgliedsstaaten beschleunigen. Ziel ist es, den Anteil erneuerbarer Energien am Endverbrauch bis 2030 auf 42,5 % zu erhöhen. Österreich hat im Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) das Ziel von mindestens 57 Prozent bis 2030 festgelegt. Im Jahr 2023 lag der Anteil erneuerbarer Energien am Endverbrauch laut Statistik Austria bei 40,84 %.

Die RED III sieht zwei Mechanismen für Genehmigungen vor: Einerseits über die Festlegung sogenannter „Beschleunigungsgebiete“ (englisch Renewables Acceleration Areas, RAAs), andererseits über spezielle Maßnahmen, wie maximale Verfahrensfristen, oder eine Bevorzugung von Erneuerbaren-Energien bei der Interessensabwägung gegenüber dem Naturschutz in Verfahren.

Übersicht zu den Beschleunigungsmaßnahmen:

  • Beschleunigungsgebiete (englisch Renewables Acceleration Areas, RAAs)
    Mitgliedsstaaten müssen spezielle Gebiete ausweisen, in denen erleichterte Genehmigungsvorschriften gelten sollen (u. U. keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) mehr notwendig). Mögliche Umweltauswirkungen sollen hier lediglich durch eine strategische Umweltprüfung (SUP) für das gesamte Gebiet und durch ein sogenanntes „Screening“ für einzelne Projekte berücksichtigt werden.
     
  • Konzentrierte Genehmigungsverfahren
    Das sogenannte One-Stop-Shop-Verfahren soll dazu führen, dass die zusammen geführten Verfahren insgesamt schneller abgehandelt werden können und der logistische Aufwand für Projektwerbende verkleinert wird. Bei UVP-pflichtigen Projekten existiert das bereits.  
     
  • Maximalfristen
    Verfahren für Projekte im erneuerbaren Bereich bekommen unterschiedliche Maximalfristen.
     
  • Überragendes öffentliches Interesse
    Außerhalb von ausgewiesenen Beschleunigungsgebieten soll für Erneuerbare Energien Projekte ein überragendes öffentliches Interesse gelten. Das ist eine rechtliche Einstufung. Sie bedeutet, dass z. B. im Rahmen einer Interessenabwägung im Naturschutzverfahren, Naturschutzinteressen hinter die Interessen am Ausbau erneuerbarer Energie zurücktreten. Praktisch werden so Eingriffe in sensible Ökosysteme leichter möglich sein. Staaten dürfen in der Umsetzung weitreichende Ausnahmen vorsehen, z. B. bestimmte Gebiete oder Technologieformen (wie z.B. Wasserkraft). 

Kritische Punkte

Mapping:
Koordinierte Erfassung von Gebieten für den Ausbau Erneuerbarer, die als Grundlage für die Ausweisung der Beschleunigungsgebiete dient (Art 15b RED III).

Zonierung:
Festlegung verschiedener Nutzungszwecke im Raumordnungsrecht. Kann dazu genutzt werden Beschleunigungs- und Ausschlussgebiete für den Ausbau Erneuerbarer festzulegen.

Scoping:
Prozess der Festlegung des Untersuchungsrahmens für die Strategische Umweltprüfung eines Plans oder Programms (Art 5 Abs 4 SUP-RL).

Screening:
Prozess, bei dem innerhalb von Beschleunigungsgebieten in kurzer Zeit (45 Tage) geprüft wird, ob ein Projekt voraus-sichtlich erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hat und eine UVP oder NVP erforderlich ist. (in diesem Kontext. Sonst wird Screening mit "Feststellungsprüfung” übersetzt, also die Prüfung ob etwa eine UVP nötig ist.)

Beschleunigungsgebiete

Das ist eine definierte Fläche, in der Erneuerbare-Energien Projekte nach neuen Bedingungen genehmigt werden sollen. Hier gelten künftig also erleichterte Genehmigungsvorschriften (Artikel 15 c RED III). Beschleunigungsgebiete müssen keine kohärenten geographischen Gebiete sein. Es könnten z. B. auch alle Dachflächen oder Parkplätze in einem Bundesland sein. Vorrangig sollen die Mitgliedstaaten laut der Richtlinie künstliche oder versiegelte Flächen für Beschleunigungsgebiete nutzen und Gebiete auswählen, die nicht für die Landwirtschaft genutzt werden können.

Großprojekte zu denen auch Windparks oder Staudämme zählen, müssen ab einer bestimmten Größe einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterzogen werden. Das ist wichtig, um die Umweltauswirkungen zu analysieren, Betroffene, Bürgerinitiativen und anerkannte Umweltschutzorganisationen zu beteiligen und am Ende das Projekt möglichst mit dem Schutz der Umwelt in Einklang zu bringen. Dafür kann die UVP-Behörde normalerweise Auflagen und Ausgleichsmaßnahmen vorschreiben. In seltenen Fällen untersagt sie auch die Durchführung des Vorhabens (bisher etwa 1% der Fälle).

In Beschleunigungsgebieten ändert sich das. Hier ist für Erneuerbare Energien Projekte zunächst keine UVP bzw. NVP (Naturverträglichkeitsprüfung) nötig. Projekte müssen lediglich festgelegte Minderungsmaßnahmen einhalten und einem Screening unterzogen werden. Ab Vorliegen aller Unterlagen muss die Behörde im Screeningverfahren innerhalb von 45 Tagen entscheiden, ob ein Projekt das Screening besteht oder eine UVP und allenfalls auch NVP zusätzlich durchgeführt werden muss.

Außerdem gelten im Beschleunigungsgebiet Maximalfristen für Genehmigungsverfahren: 12 Monate für kleinere Anlagen (unter 150 kW), 6 Monate für Energiespeicher am selben Standort und das Repowering (Ersatz von älteren Anlagen durch neuere, leistungsstärkere) von Anlagen. Zum Vergleich: UVP-Genehmigungsverfahren dauern ab öffentlicher Auflage im Durchschnitt 10,6 Monate (Quelle: UVP-Bericht des BMK an den Nationalrat 2024). Sofern einzelne Schritte in Verfahren in Beschleunigungsgebieten nicht innerhalb der vorgegebenen Fristen erfolgen, soll dies laut Richtlinie dazu führen, dass Zwischenschritte in Verfahren als genehmigt gelten. Über die abschließende Entscheidung muss jedoch eine behördliche Entscheidung ergehen. Die Umsetzung dieser Vorschriften wird jedoch praktisch schwierig möglich sein, ohne große Rechtsunsicherheit zu schaffen und mit den Grundsätzen des Verwaltungsrechts im Widersüpruch zu stehe.  Solarenergieanlagen mit einer Kapazität unter 100 kW sollen laut Richtlinie binnen eines Monats genehmigt werden. Falls die Behörde zu langsam ist, gilt ein eingereichtes Projekt laut Richtlinie automatisch als genehmigt. Da auch für diesen Genehmigungsautomatismus Voraussetzungen erfüllt werden müssen, führt dies aber zu großer Rechtsunsicherheit und ist deshalb höchst fragwürdig.  

Eine gänzliche Ausnahme von allen Umweltprüfungen können die Mitgliedstaaten aber für Windkraft- und Photovoltaikprojekte vorsehen. Dafür müssen laut Richtlinie begründete Umstände vorliegen und dazu dient, die klimapolitischen Zielvorgaben für erneuerbare Energie zu erreichen. Einzige Bedingung für den Bau der Projekte ist dann das Ergreifen von „angemessenen Minderungsmaßnahmen“ oder, falls solche nicht zur Verfügung stehen, Ausgleichsmaßnahmen, die in Form eines finanziellen Beitrags erfolgen. Falls also Windkraft- oder Photovoltaikprojekte in Beschleunigungsgebieten höchstwahrscheinlich erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben, kann, bei Nutzung der Vorschriften aus der RED III, mittels Ausgleichszahlungen trotzdem gebaut werden.

Laut Ansicht des EU-Gesetzgebers reicht es aus, dass für die Ausweisung der Beschleunigungsgebiete eine strategische Umweltprüfung (SUP) durchgeführt wird. Außerdem sollen wirksame Minderungsmaßnahmen für die Projekte in den Gebieten festgelegt werden. Damit soll die Einhaltung der Vogelschutz-, FFH- und Wasserrahmenrichtlinie gewährleistet werden. Gleichzeitig setzt die RED III den Standard der Richtlinien auch herab, indem bei Ergreifen von Minderungsmaßnahmen davon ausgegangen wird, dass nicht gegen die Richtlinien verstoßen wird.

Für die einzelnen Projekte muss anschließend lediglich ein sogenanntes „Screening“ durchgeführt werden (Art 5 Abs 4 SUP-RL).

Ausgeschlossen ist die Ausweisung von Beschleunigungsgebieten in Natura 2000 Gebieten oder nationalen Schutzgebieten, Hauptvogelzugrouten und andere Gebiete, die aufgrund von Sensibilitätskarten ermittelt werden, ausgenommen auf künstlichen oder bebauten Flächen in diesen Gebieten (wie zB Parkplätze, Dächer oder Verkehrsinfrastruktur).

Strategische Umweltprüfungen sind jedoch nicht mit Umweltverträglichkeitsprüfungen vergleichbar. Da ihr Ergebnis nicht mit einem Bescheid ergeht, sondern die Ausweisung von Beschleunigungsgebieten in einer Verordnung oder einem Plan gemacht wird, kann diese Entscheidung nicht mehr gerichtlich überprüft und nachgebessert werden. Strategische Umweltprüfungen sind auch nicht rechtsverbindlich, sondern ihr Ergebnis muss lediglich “berücksichtigt” werden, wenn der jeweilige Plan erstellt wird. So kann also nicht sichergestellt werden, d

Vor ihrer Ausweisung müssen die Gebiete einer strategischen Umweltprüfung, die mit Beteiligung der Öffentlichkeit stattzufinden hat, unterzogen werden. Wie diese strategische Umweltprüfung durchgeführt werden muss, richtet sich nach der SUP-Richtlinie. In der RED III selbst wird jedoch hervorgehoben, dass die SUP unter Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit stattzufinden hat und darüber hinaus die Mitgliedstaaten die öffentliche Akzeptanz von Projekten im Bereich erneuerbare Energie fördern. Bei voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen auf Natura 2000 Gebiete muss auch eine Naturverträglichkeitsprüfung gemacht werden.

Die RED III schreibt den Mitgliedstaaten der EU vor, Beschleunigungsgebiete in einem Ausmaß auszuweisen, dass der Erreichung der Erneuerbaren Ziele im Nationalen Energie und Klimaplan (NEKP) angemessen ist. Je nachdem wie im Mitgliedstaat also der Anteil an erneuerbaren ausgebaut ist bzw. ob der nötige Ausbau auch durch Anlagen im notwendigen Zeitrahmen ohne Beschleunigungsmaßnahmen möglich ist, muss lediglich mindestens ein Beschleunigungsgebiet für eine Technologie ausgewiesen werden. Insgesamt verlangt die Richtlinie auch eine „erhebliche Größe“ und einen „Beitrag zur Verwirklichung der Ziele der RED III“. Eine Ausnahmemöglichkeit gibt es für Anlagen zur Verfeuerung von Biomasse und Wasserkraftwerke, da dies umstrittenere Arten der Energieerzeugung als andere sind. Fehlende oder mangelhafte Ausweisungen von Beschleunigungsgebieten können, weil sie die Richtlinie nicht einhalten, zu Vertragsverletzungsverfahren führen. 

Weitere Änderungen

Für Projekte außerhalb der Beschleunigungsgebiete für Anlagen oder Netz- und Speicherinfrastruktur ist ein One-Stop-Shop für Genehmigungsverfahren vorgesehen. Große Änderungen müsste es aber im Bereich der Projekte ohne UVP-Pflicht geben, in dem bisher zahlreiche Einzelgenehmigungen (zB Naturschutzrecht, Forstrecht, Starkstromwegerecht, Elektrizitätswirtschaftsrecht) bei verschiedenen Behörden beantragt werden mussten. Durch diese Regelung soll erreicht werden, dass die zusammen geführten Verfahren insgesamt schneller abgehandelt werden können und der logistische Aufwand für Projektwerbende verkleinert wird.

Darüber hinaus sieht die RED III auch Maximalfristen für die Verfahrensdauer für Projekte im erneuerbaren Bereich vor. Diese liegen bei 24 bzw. 12 Monaten. Für Repowering, Solaranlagen und Wärmepumpen sind noch kürzere Fristen vorgesehen, die zwischen einem und drei Monaten liegen. Für Solaranlagen mit einer Kapazität von höchstens 100 kW tritt, falls die Behörde nicht innerhalb eines Monats auf einen Antrag antwortet, eine Genehmigungsfiktion ein. Das heißt, die Anlage gilt als genehmigt, ohne dass ein Bescheid darüber erlassen wurde.

Ob die Einhaltung der Fristen auch tatsächlich durch die Behörden gewährleistet werden kann, hängt maßgeblich von den vorhandenen Behördenressourcen (Referent:innen, Amtssachverständige) ab. Durch die Beiziehung nichtamtlicher Sachverständiger kann die Unabhängigkeit nicht in gleichem Maße gewährleistet werden.

Eine weitere Beschleunigungsmaßnahme für Projekte außerhalb von Beschleunigungsgebieten ist die Festlegung der gesetzlichen Vermutung des überragenden öffentlichen Interesses im Rahmen von Interessensabwägungen in Umweltverfahren. Das bedeutet, dass zB im Rahmen einer Interessenabwägung im Naturschutzverfahren, Umweltinteressen hinter die Interessen am Ausbau erneuerbarer Energie zurücktreten. Davon sind auch weitreichende Ausnahmen, zB ganzer Gebiete oder Technologieformen möglich. Im Lichte der völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreichs, kann zB aufgrund der Alpenkonvention eine Ausnahme von dieser Vorschrift im Alpenraum geboten sein. Auch eine gänzliche Ausnahme von Wasserkraftprojekten ist denkbar und wird auf politischer Ebene gefordert. Obwohl bisher in Interessenabwägungen bereits öffentliche Interessen am Erneuerbaren Ausbau stark gewichtet wurden, ist abzusehen, dass die Vermutung des überragenden öffentlichen Interesses an Erneuerbaren-Projekten Umweltinteressen noch weiter in den Hintergrund drängen wird. Diese Bestimmung war nach der RED III bereits bis zum 21. Feburar 2024 umzusetzen, wurde in Österreich auf Bundesebene jedoch noch gar nicht und auf Landesebene nur teilweise (Tirol, Vorarlberg, Oberösterreich, Salzburg) umgesetzt.  

Kritische Punkte

Die EU hält zwar daran fest, dass durch das System der SUP und dem Screening für Einzelprojekte keine Senkung der europäischen Umweltstandards passieren wird. Es ist jedoch vorauszusehen, dass aufgrund verschiedener Faktoren das aktuelle Schutzniveau nicht gehalten werden kann. Die strategische Umweltprüfung ist eine andere Art des Verfahrens als die UVP. Hier bestehen weitaus schlechtere Beteiligungsmöglichkeiten für Umweltschutzorganisationen und die betroffene Öffentlichkeit und keinerlei Beschwerdemöglichkeiten gegen deren Ergebnis. Aus dem aktuellen UVP-Bericht aus Österreich ist ersichtlich, dass in einer großen Anzahl der Beschwerden gegen UVP-Genehmigungen noch Änderungen durch höhere Instanzen vorgenommen wurden. Diese Überprüfungsmöglichkeit wird nun gänzlich entfallen, falls auf Bundesebene keine Anfechtungsmöglichkeiten eingeführt werden. Dies müsste, um die völkerrechtlichen Verpflichtungen aus der Aarhus-Konvention zu erfüllen, jedoch jedenfalls passieren. Zentrales Problem bei den SUP für Beschleunigungsgebiete ist auch, dass im Vorhinein nicht genau abschätzbar ist, welche konkreten Projekten in den jeweiligen Gebieten verwirklicht werden sollen. Es ist folglich auch im Vorhinein nur sehr beschränkt absehbar, welche Umweltauswirkungen ein Beschleunigungsgebiet als ganzes haben wird. Die Abfederung durch das Screening kann zwar teilweise erfolgen, ist jedoch aufgrund der sehr kurz bemessenen Fristen (30/45 Tage) nicht gänzlich realistisch. Auch dadurch, dass die MS den Rückfall in die UVP-Pflicht für Windkraft und PV-Projekte ausnehmen können, kann dazu führen, dass erhebliche Umweltauswirkungen bestehen bleiben. Ausgleichsmaßnahmen sorgen in den meisten Fällen nicht für ausreichende Kompensation am Ort des Umwelteingriffs.

Durch die gesetzliche Vermutung des überragenden öffentlichen Interesses werden Umweltschutzinteressen in Verfahren noch mehr in den Hintergrund gedrängt werden. Dies verkennt, dass die Klima- und Biodiversitätskrise untrennbar miteinander verbunden sind. Ein Ausbau von erneuerbaren Anlagen ohne Rücksichtnahme auf die Biodiversität, trägt somit nicht zum Klimaschutz bei.  

Effiziente Genehmigungsverfahren sind grundsätzlich im Interesse aller Beteiligten. Da die Behörden in Österreich jedoch ohnehin schon mangelhaft mit Ressourcen ausgestattet sind besteht das Risiko, dass Verfahren entweder nicht wirklich schneller durchgeführt werden können oder qualitativ schlechter ausfallen. Stellen Sie sich vor, Sie müssen die gleiche Arbeit plötzlich doppelt so schnell machen, ohne mehr Ressourcen. Wird sie dadurch besser?

Das Vorsehen einer Genehmigungsfiktion kann dazu führen, dass Anlagen mit negativen Umweltauswirkungen nie behördlich geprüft werden und auch die Betreiber der Anlage keine Rechtssicherheit über deren Betrieb haben. Große Probleme können sich dadurch auch für Nachbar: innen und Umweltschutzorganisationen ergeben, die keine Möglichkeiten haben, am Verfahren teilzunehmen oder Beschwerden einzubringen.

Die RED III legt eigentlich die rechtliche Grundlage fest, damit die EU-Staaten die Energiewende schneller schaffen. Allerdings stellt sich die Frage, ob ihre Maßnahmen tatsächlich zur gewünschten Beschleunigung führen. Deregulierung und unrealistische Fristen können auch mehr Chaos verursachen, Betreiberfirmen verunsichern und Widerstand in der Bevölkerung auslösen, was den Umstieg auf Sonnen- und Windenergie wieder verzögern würde. Es kommt also auf eine kluge Umsetzung an. Andernfalls kann die RED III sogar den Klimaschutz gefährden. Auch die mangelnde Berücksichtigung völkerrechtlicher Verpflichtungen und etablierter Umweltverfahrensrechte ist kritisch zu sehen. 

Jedes Projekt – sei es Windpark, Solarpark oder Staudamm – benötigt Raum. Dieser Raum ist begrenzt und erfordert eine Abwägung zwischen der Energieausbeute und den Eingriffen in Ökosysteme. Umweltverfahren sind für diese Beurteilung besonders bei großen Projekten essenziell. Werden Umweltverfahren im Zuge der RED III-Umsetzung zu stark dereguliert und bestehende Naturschutzgesetze aufgeweicht, können wertvolle Ökosysteme auch leichter zerstört werden. Diese Ökosysteme sind jedoch wichtige Kohlenstoffspeicher und Puffer, um die Folgen der Klimakrise abzumildern. Laut Weltklimarat absorbieren natürliche Kohlenstoffsenken rund die Hälfte der globalen CO2-Emissionen. Österreichs Moore speichern auf nur 0,25 Prozent der Landesfläche etwa das doppelte des nationalen CO2 Ausstoßes in 2023. Es nützt dem Klima wenig, wenn Erneuerbare durchgepeitscht werden, dabei aber Lebensräume und Kohlenstoffspeicher unwiederbringlich verloren gehen. 

Ausblick

ÖKOBÜRO hat sich in den letzten Jahren intensiv mit dieser Frage beschäftigt. Wir kommen zu einer klaren Antwort: Es gibt sechs Erfolgsfaktoren für effiziente Verfahren:  

  1. Vorgelagerte Planungen am runden Tisch  
  2. Frühzeitige, strukturierte und umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung  
  3. Vollständige und qualitativ hochwertige Einreichunterlagen  
  4. Ausreichend Ressourcen und Kompetenzen der Behörde  
  5. Gutes Verfahrensmanagement  
  6. Politischer Rückhalt und Wille

Quelle: ÖKOBÜRO (2023): Erfolgsfaktoren für Umweltverfahren. Empfehlungen für eine gute Praxis

Mehr dazu

Aktuell sind drei Fristen wichtig:

  • Bis 21.05.2025 muss Österreich ein Mapping bzw. eine Flächenpotenzialanalyse durchgeführt haben.
  • Bis 21.02.2026 muss Österreich Beschleunigungsgebiete für mind. eine erneuerbare Energiequelle ausweisen und dazu geeignete Regeln für wirksame Minderungsmaßnahmen festlegen; Biomasse und Wasserkraft können ausgenommen werden.  
  • Bis 2030 muss Österreich 42,5% seines Bruttoenergieverbrauchs aus Erneuerbaren Energien beziehen.

Die Umsetzung liegt teilweise in der Kompetenz des Bundes und teilweise bei den Ländern. Stand Mai 2025 haben bereits Oberösterreich, Salzburg, Vorarlberg, Steiermark und Wien Gesetze angepasst. Dabei wird deutlich, dass insbesondere von der FPÖ mitregierte Länder die RED III als Vorwand nutzen, um bestehende Naturschutzgesetze und Beteiligungsrechte zu schwächen. So wurde beispielsweise in Salzburg der Landesumweltanwaltschaft zentrale Rechte (darunter das Revisionsrecht) gekürzt und auch in der Steiermark liegt ein entsprechender Entwurf vor. Echte Beschleunigung geht anders.

Fazit

Durch die RED III soll die Energiewende beschleunigt werden. Allerdings kommt es dabei auf die Umsetzung an. Aktuell versuchen viele Bundesländer unter dem Vorwand der RED III Umsetzung bestehende Verfahren zu deregulieren und den Naturschutz und Beteiligungsrechte zu schwächen. Dem Klima nützt es wenig, wenn Erneuerbare durchgepeitscht werden, dabei aber Lebensräume und Kohlenstoffspeicher unwiederbringlich verloren gehen. Durch starke Umweltverfahren können alle Ziele vereint werden: die Deckung des Energiebedarfs und der Schutz der Natur.

Stellungnahme von ÖKOBÜRO zur Wiener Umsetzung der EU-Erneuerbaren Richtlinie

Stellungnahme von ÖKOBÜRO zur Umsetzung der RED III in der Steiermark

Wie können Verfahren wirklich effizienter werden?