26. Mai 2025 | News

EU-Renaturierungsverordnung: Umsetzung braucht klare Zuständigkeiten und verbindliche Maßnahmen

ÖKOBÜRO fordert geregelte Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern, klare Verbindlichkeit des Wiederherstellungsplan und effektive Öffentlichkeitsbeteiligung

Die neue EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur verpflichtet auch Österreich, gezielte Maßnahmen zum Schutz und zur Wiederherstellung naturnaher Lebensräume zu setzen. Bis zum 01. September 2026 muss die Alpenrepublik einen Wiederherstellungsplan mit Maßnahmen vorlegen – inklusive konkreter Zahlen bezüglich der Gebiete, die wiederhergestellt werden sollen. Wenngleich die Ziele der Verordnung in den Artikeln 4-13 genau festgelegt sind, bleiben die Mitgliedsstaaten bei der Wahl der einzelnen Maßnahmen und der Durchsetzung des Wiederherstellungsplans relativ frei. ÖKOBÜRO hat vier kritische Faktoren ausgemacht, auf die es ankommt, damit der Wiederherstellungsplan Wirkung entfalten kann.

  1. Geregelte Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern
  2. Effektive Öffentlichkeitsbeteiligung
  3. Rechtsverbindlichkeit des Wiederherstellungsplans
  4. Zeitnahe legistische Änderungen

1. Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern ist wesentlich

Damit der Wiederherstellungsplan Wirkung entfalten kann, braucht es klare gesetzliche Regelungen – sowohl zur Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern als auch zur Umsetzung der Maßnahmen. Beispielsweise muss sichergestellt werden, dass die erforderlichen naturschutzfachlichen Daten gesammelt, verwertet und an die Europäische Union berichtet werden können.
Ein Weg zur Regelung einer effektiven Zusammenarbeit ist der Abschluss einer Art 15a B-VG-Vereinbarung. Für diese braucht es die Zustimmung aller Länder, was das Zustandekommen dieser Vereinbarung zu einer Herausforderung macht. Die gesamtstaatliche Verpflichtung zeigt jedoch, dass sowohl Bund als auch Länder in der Verantwortung stehen, eine effektive Zusammenarbeit zu ermöglichen.

2. Effektive Beteiligung der Öffentlichkeit bei Erstellung des Wiederherstellungsplans

Die Verordnung sieht eine frühzeitige und effektive Beteiligung der Öffentlichkeit vor. Umweltorganisationen und zivilgesellschaftliche Akteur:innen verfügen über wertvolles Fachwissen, das bei der Planung unbedingt einbezogen werden muss. Nach Art 14 Abs 20 der Verordnung müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Öffentlichkeit bei der Erstellung des Wiederherstellungsplans frühzeitig und wirksam beteiligt wird. Diese Verpflichtung ist an den Erfordernissen der Aarhus-Konvention zu messen, weshalb die Beteiligung zu einem so frühen Zeitpunkt erfolgen muss, dass noch alle Optionen offen sind. Außerdem sind die Beiträge der Öffentlichkeit ernsthaft zu berücksichtigen.
Die effektive Beteiligung der Öffentlichkeit hat viele Vorteile für die Erstellung des Wiederherstellungsplans. Unter anderem erfordert die Erstellung des Plans umfassendes naturschutzfachliches Wissen. Viel von diesem Wissen liegt bei relevanten Teilen der Öffentlichkeit (zB anerkannte Umweltorganisationen) und kann durch deren effektive Beteiligung zur Umsetzung der Verordnungsverpflichtungen beitragen.

3. Rechtsverbindlichkeit des Wiederherstellungsplans

Ein zentrales Element ist die Verbindlichkeit des Plans. Nur wenn er rechtsverbindlich erlassen wird, ist seine Umsetzung kontrollierbar und gegebenenfalls rechtlich durchsetzbar. Die Erlassung des Plans als rechtsverbindlicher Akt (zB in Form einer Verordnung) ermöglicht seine rechtliche Durchsetzung und damit die Kontrolle der Einhaltung der im Plan vorgesehenen Maßnahmen.
Die Rechtsverbindlichkeit des Wiederherstellungsplans ist auch erforderlich, um den Plan national überprüfbar zu machen. Der Plan muss den Vorgaben der Wiederherstellungsverordnung entsprechen. Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention gibt der Öffentlichkeit auch das Recht Verordnungen, Pläne und Programme im Umweltbereich gerichtlich überprüfen zu lassen. Für den Fall, dass der Wiederherstellungsplan den Anforderungen der Verordnung nicht entspricht, muss daher die rechtliche Überprüfbarkeit des Plans gesichert sein. Um das zu ermöglichen, braucht der Plan Rechtsverbindlichkeit.

4. Wichtige legistische Änderungen ehest bald

Die Wiederherstellungsverordnung lässt den Mitgliedstaaten weiten Ermessenspielraum dahingehend, welche Maßnahmen sie setzen, um den Verpflichtungen gerecht zu werden. Beispiele für Maßnahmen, um den Wiederherstellungsverpflichtungen zu entsprechen, sind etwa die Verankerung strengerer Interessenabwägungen oder die Ausdehnung von Schutzgebieten.
Die Verordnung verankert ein Verschlechterungsverbot für wiederhergestellte Flächen als auch für Flächen, die sich bereits bisher in einem guten Zustand befinden. Dieses Verbot gilt auch außerhalb von Natura 2000-Gebieten. Bei der Umsetzung von Vorhaben in und außerhalb von Natura-2000 Gebieten braucht es daher eine Prüfung der Verträglichkeit mit den Wiederherstellungszielen und dem Verschlechterungsverbot. Diese Prüfung muss für den Bereich außerhalb von Natura-2000 Gebieten neu geschaffen werden. Bei bereits gesetzlich bestehenden Interessenabwägungen muss das Interesse der Nichtverschlechterung ergänzt werden. Dies erfordert unter anderem Änderungen der Naturschutzgesetze der Länder.
Die notwendigen legistischen Änderungen müssen so bald wie möglich erfolgen, damit den Anforderungen der Verordnung entsprochen werden kann.

Fazit

Die Verordnung zur Wiederherstellung der Natur ist ein wichtiger Schritt auf EU-Ebene, um dem Biodiversitätsverlust und den Folgen der Klimakrise wirksam zu begegnen. Doch ohne klare nationale Zuständigkeiten, verbindliche Regelungen und eine ernstgemeinte Beteiligung der Öffentlichkeit droht ihr Potenzial ungenutzt zu bleiben. Österreich steht jetzt in der Verantwortung, die gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit der Wiederherstellungsplan tatsächlich zur Wiederherstellung unserer natürlichen Lebensgrundlagen beiträgt.

Zum Positionspapier: Verordnung zur Wiederherstellung der Natur (2025)