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Wie können Kinder und Jugendliche in der Schule nicht nur über Umweltkrisen informiert, sondern auch zu handlungsfähigen Akteur:innen gemacht werden? Mit dieser Leitfrage lud ÖKOBÜRO am 1. Oktober 2025 zum zweiten Training im Rahmen des EU-Projekts ENRICH in die Blumenfabrik. Über 25 Teilnehmer:innen – Lehrkräfte, NGOs, Bildungs- und Rechtsexpert:innen – diskutierten dabei über Chancen und Herausforderungen, Kinderrechte, Partizipation und Klimaschutz wirkungsvoll im Unterricht zu verankern.
Zum Auftakt gab Margit Ammer (ÖKOBÜRO) einen Überblick über die Grundlagen von (ökologischen) Kinderrechten in Österreich. Ihr Vortrag stellte klar, dass das Recht auf eine saubere Umwelt aus der UN-Kinderrechtskonvention (KRK) und dem General Comment Nr. 26 abgeleitet werden kann. „Die Generationengerechtigkeit steht in Österreich sogar im Verfassungsrang“ unterstrich Ammer, indem sie auf Artikel 1 des BVG-Kinderrechte verwies. Ebenso geregelt seien prozessuale Rechte, wie das Recht auf Partizipation (Art 12 KRK). Laut Ammer spielen diese jedoch in der Praxis auch aus Mangel an einfachgesetzlicher Umsetzung des Völkerrechts oft keine Rolle. Ziel des Projektes ENRICH ist es diese Lücke zu schließen.
Rahmenbedingungen und Schulautonomie
Hannah Malhonen vom Bundesministerium für Bildung gab Einblicke in die Rahmenbedingungen für Umweltbildung und BNE. Seit 2023/24 gilt ein neuer Lehrplan, der Politische Bildung und BNE als übergreifende Themen verankert. So sollen Schule und Unterricht dazu beitragen, dass junge Menschen befähigt werden, bei der Bewältigung von gesellschaftlichen, sozialen, ökonomischen und ökologischen Herausforderungen eine aktive Rolle einzunehmen. Laut Malhonen existieren bereits viele Strukturen, damit Lehrkräfte die Themen frei in ihrem Unterricht verankern könnten.
Partizipation als Schlüssel zu Demokratie
Dorothea Steurer, die über 18 Jahre lang durch ihre Arbeit bei Zentrum polis politische Bildung an Schulen gebracht hat, hob in ihrem Vortrag hervor, dass Partizipation als drittes der drei Grundprinzipien der KRK („protection – provision – participation“) erst in den letzten Jahren ernst genommen worden sei. Steurer betonte, wie wichtig es sei, bei Workshops zu Partizipationsrechten an der Lebensrealität der Kinder und Jugendlichen anzusetzen und ökologische Partizipationsrechte erfahrbar zu machen. „Partizipation ist ein Prozess, er will gelernt und trainiert werden“ so die Bildungsexpertin. Die Einführung eines Klassenrates oder eines Schüler:innenparlaments, sei gelebte Partizipation, die vom Direktorium einer Schule gefördert und von Schüler:innen ausgeführt werden kann.

Dorothea Steurer berichtet von ihren Erfahrungen bei Zentrum polis
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In der Kaffeepause hatten die Teilnehmenden neben dem Austausch untereinander die Möglichkeit, sich neue Inspiration für den Unterricht zu holen. Baobab hatte nämlich extra einen Tisch mit thematisch passenden Bildungsmaterialien kuratiert.

Baobab kuratierte einen Tisch mit Bildungsmaterial
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Stimmen aus der Praxis
Im zweiten Teil des Workshops stellten verschiedenen Projektvertreter:innen innovative Ansätze vor und diskutierten gemeinsam mit dem Publikum und den Vortragenden.
- „Dock for Change!“ vom Kinderbüro der Universität Wien lässt junge Menschen eine Zukunftsvision entwerfen. Dabei entscheiden sie selbst, welche Themen ihnen wichtig sind. Laut Projektleiterin Martina Affenzeller können Schüler:innen ihre Anliegen durch die innovativen Bildungs- und Dialogformate und kompetent-rebellische Aktionen auch direkt vor Entscheidungsträger:innen vertreten.
- Beim Projekt „Aula“ von SOS Kinderdorf verpflichtet sich die Schulleitung in einem Vertrag, Ideen von Schüler:innen, sofern sie dem geltenden Recht entsprechen, tatsächlich umzusetzen. „So werden Besucher:innen zu Gestalter:innen“, erklärte die Projektleiterin Nathalie Moritz.
- Die Teachers for Future setzen sich mit unterschiedlichsten Projekten für einen Wandel im Bildungssystem ein. Christine Rath, Lehrerin an einer Klimabündnisschule, zeigte am Beispiel des Klimabeauftragen-Netzwerkes, wie Schulen klimagerecht und zukunftsfähig werden können. Sie betonte: „Nachhaltigkeit muss viel stärker Teil des Schulalltags werden – angefangen bei einfachen Dingen wie richtiger Mülltrennung.“
- Walpurga Weiß, Geschäftsführerin des Forum Umweltbildung, vertrat am Podium vor allem den Ansatz „train the trainer“. Mit der BNE-Sommerakademie bzw. der bald stattfindenden Online-Akademie können Pädagog:innen neue Methoden lernen, um Bildungsprozesse (co-)kreativer und kooperativer zu machen.

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In der Anschließenden Dialogrunde mit dem Publikum wurden besonders die fehlenden Ressourcen seitens der Lehrkräfte bemängelt. „Bildung ist der Schlüssel für so vieles – aber Lehrkräfte brauchen mehr Ressourcen, um BNE groß werden zu lassen.“ meinte ein Teilnehmer. Zur Frage, ob es für eine bessere Verankerung des Themas konkretere Vorgaben seitens des Ministeriums bzw. der Bildungsdirektionen brauche oder ob Schulautonomie und positive Vorbilder der Schlüssel seien, gab es unterschiedliche Ansichten.
Blick in die Zukunft
Am Ende der Veranstaltung stellten die Anwesenden ihre idealen Visionen für Schulen in 10 Jahren vor. Die Antworten machten Mut: „Schüler und Lehrer sollen sich in Schule wohlfühlen, weil sie den Lehrraum gemeinsam gestalten“, „Es gibt mehr Freiraum und projektorientiertes Unterrichten“ und „Erwachsene kommen in die Schule um dort von den Kindern zu lernen“.
Fazit
Die Veranstaltung machte deutlich: Wer Kinderrechte ernst nimmt, muss sie auch in Klima- und Umweltbildung verankern. Schulen können damit nicht nur Wissen vermitteln, sondern junge Menschen befähigen, ihre Rechte aktiv einzufordern – und so Demokratie, Umweltbewusstsein und Selbstwirksamkeit zu stärken.
Das Training fand im Rahmen des Projekts statt, das von der EU gefördert wird und das Bewusstsein für die Verbindung zwischen Kinderrechten und Umweltkrisen stärken will.
