Herabstufung des Wolf-Schutzstatus auf EU-Ebene
Österreich ist als EU-Mitgliedstaat an das Unionsrecht gebunden. Bis Juli 2025 war der Wolf auf Ebene des EU-Artenschutzrechts, konkret in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL), streng geschützt, was dessen Tötung und Störung grundsätzlich allgemein verbot. Ausnahmen von diesen Verboten sind nur sehr eingeschränkt zulässig. So muss eine Ausnahme etwa einem bestimmten Ziel dienen, geeignet sein dieses Ziel zu erreichen, es dürfen keine alterativen Möglichkeiten zur Erreichung des Ziels bestehen und sie muss mit dem Ziel der Erreichung eines günstigen Erhaltungszustands der Population vereinbar sein. Der Erhaltungszustand einer Tierart gibt Aufschluss darüber, wie gut es der Population einer Tierart geht und muss wissenschaftlich ermittelt werden. Damit der Erhaltungszustand günstig ist, müssen verschiedene Voraussetzungen vorliegen, unter anderem muss ein genügend großer Lebensraum gegenwärtig und auch in Zukunft vorhanden sein, um langfristig ein Überleben der Population zu sichern.
Im Juli 2025 wurde der Schutzstatus des Wolfs auf „geschützt“ herabgestuft. Für geschützte Tierarten gilt zwar kein generelles Tötungs- und Störungsverbot, doch bleibt auch für sie der günstige Erhaltungszustand maßgeblich, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) klargestellt hat. Es braucht eine umfassende Überwachung sowie Ermittlung des Erhaltungszustands unter Berücksichtigung der neuesten wissenschaftlichen Daten. Stellt sich aufgrund dieses Monitorings heraus, dass der Erhaltungszustand ungünstig ist, braucht es Maßnahmen, um diesen Zustand zu verbessern. Tötungen geschützter Individuen sind mit einer solchen Zustandsverbesserung schwer vereinbar. Ist der Erhaltungszustand ungünstig braucht es somit Jagdverbote oder enge Beschränkungen der Jagd, von denen nur in Einzelfällen und sehr eingeschränkt abgewichen werden kann.
Salzburg streicht den strengen Schutz unter Missachtung des Erfordernisses des günstigen Erhaltungszustands
Für das Naturschutz- und Artenschutzrecht sind in Österreich die Bundesländer zuständig. Der strenge Schutz des Wolfs ist dabei meist in den Jagdgesetzen der Bundesländer verankert. Ende Juli hat das Bundesland Salzburg sein Jagdgesetz geändert und den Wolf aus der Liste der besonders geschützten Wildarten in § 103 Salzburger Jagdgesetz gestrichen. Die Schutzbestimmungen, wie das Verbot der absichtlichen Tötung gelten daher für diese Tierart in Salzburg nicht mehr. Statt einer automatisch ganzjährigen Schonzeit sieht § 54 Abs 1 nunmehr vor, dass die Landesregierung Schonzeiten für den Wolf per Verordnung festlegen muss. Ende Oktober ging ein Entwurf für die Änderung der bisherigen Schonzeiten-Verordnung in Begutachtung. Der Wolf soll nunmehr nach wie vor ganzjährig geschont werden, was grundsätzlich natürlich positiv ist.
Entscheidend ist jedoch unter welchen Voraussetzungen Ausnahmen von der ganzjährigen Schonzeit zulässig sind. Eine Schonzeit verliert ihre Wirksamkeit, wenn sie durch leicht zu erteilende Ausnahmen umgangen werden kann. Das EU-Recht macht zudem deutlich, dass der Erhaltungszustand auch bei geschützten Tierarten wesentlich ist. Entnahmen ohne Berücksichtigung des Erhaltungszustands verstoßen gegen das Unionsrecht.
Der EuGH hat erst im Juli 2024 festgestellt, dass der Erhaltungszustand der Tierart Wolf in Österreich ungünstig ist, weshalb Maßnahmen zur Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands erforderlich sind (Art 14 FFH-RL). Die ganzjährige Schonzeit in Salzburg ist eine solche Maßnahme. Wolfsentnahmen (also Ausnahmen von der Schonzeit) müssen mit der Pflicht zur Wiederherstellung des günstigen Erhaltungszustands vereinbar sein. Notwendig ist daher eine effektive Beschränkung der Ausnahmemöglichkeiten.
Nach § 56 Abs 2 Salzburger Jagdgesetz können Ausnahmen von der Schonzeit auf Ersuchen im Einvernehmen mit der Salzburger Jägerschaft gewährt werden. In der derzeitigen Ausgestaltung fehlt jedoch jeglicher Bezug zum Erhaltungszustand. Das macht die Regelung unionsrechtswidrig und dringend anpassungsbedürftig. Die Voraussetzungen für Ausnahmen von der Schonzeit müssen klar Bezug nehmen auf das Kriterium des günstigen Erhaltungszustands. Darüber hinaus müssen Ausnahmeregelungen als umweltrelevante Entscheidungen öffentlich zugänglich und für die Öffentlichkeit, insbesondere anerkannte Umweltorganisationen, anfechtbar sein, wie es die Aarhus-Konvention vorsieht. Jede Ausnahmeentscheidung muss daher transparent veröffentlicht werden, beispielsweise über die Aarhus-Plattformen.
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Auch nach Herabstufung bleibt der Erhaltungszustand maßgeblich