VwGH: Anerkannte Umweltorganisationen haben ein Recht einen Antrag auf die Durchführung einer Naturverträglichkeitsprüfung zu stellen
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hob am 22. Mai 2025 einen Beschluss des Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG NÖ) auf, der eine Beschwerde einer anerkannten Umweltorganisation gegen die naturschutzrechtliche Bewilligung einer Forststraße im Vogelschutz- und Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) Wachau mangels Beschwerdelegitimation zurückgewiesen hatte. Das LVwG NÖ argumentierte, dass der Umweltorganisation im nach § 8 NÖ Naturschutzgesetz (NSchG) 2000 geführten Bewilligungsverfahren keine Parteistellung zukomme. Der VwGH stellte klar, dass anerkannten Umweltorganisationen - ungeachtet dessen, dass die nationalen Verfahrensvorschriften ihr weder Parteistellung noch Rechtsmittellegitimation zuerkennen - aufgrund der Rechtsprechung des EuGH eine aus Art 9 Aarhus-Konvention iVm Art 47 GRC abgeleitete Parteistellung insoweit zuzuerkennen ist, als die Verletzung von Unionsumweltrechtsvorschriften geltend gemacht wird. Im gegenständlichen Fall machte die anerkannte Umweltorganisation in der Bescheidbeschwerde die unterbliebene Naturverträglichkeitsprüfung geltend, welche nach Art 6 Abs 3 FFH-RL in § 10 NÖ NSchG 2000 umgesetzt wurde. Der Umweltorganisation war somit Parteistellung im gegenständlichen Verfahren zuzuerkennen, so der VwGH.
(VwGH 22.05.2025, Ra 2023/10/0330-13)
Mehr dazu im aktuellen Umweltrechts-Blogbeitrag von Gregor Schamschula.
EFTA-Gerichtshof stellt klar, dass Scope-3-Emissionen in UVP berücksichtigt werden müssen
Der Gerichtshof der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA-Gerichtshof) hat am 21. Mai 2025 in einem wegweisenden Gutachten klargestellt, dass im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) für neue Öl‑ und Gasprojekte auch die Scope‑3‑Emissionen – also indirekte Emissionen, die z.B. bei späterem Verbrennen der fossilen Brennstoffe entstehen – bewertet werden müssen. Zu diesem Schluss kam der Gerichtshof auf Basis der Richtlinie 2011/92/EU (UVP-RL). Der Gerichtshof lehnte Argumente ab, wonach solche Emissionen nicht zugerechnet werden können, und betonte, dass sie als „signifikante indirekte Effekte“ unbedingt zu berücksichtigen sind. Das Urteil richtet sich an die EFTA‑Mitgliedsstaaten Norwegen, Island und Liechtenstein, zieht aber auch in anderen europäischen Mitgliedstaaten Konsequenzen nach sich. Nationale Behörden sind nun verpflichtet, bereits erteilte Genehmigungen zu überprüfen und gegebenenfalls rückgängig zu machen, wenn sie unter Vernachlässigung der Scope‑3‑Emissionen erfolgten.
(Fall E-18/24, 21.05.2025)
FFH-RL: Herabsetzung des Schutzstatus Wolf final beschlossen
Nachdem der Schutzstatus des Wolfes mit März dieses Jahres in der Berner Konvention (Völkerrecht) herabgesetzt wurde, stand der Weg für die EU offen, den Schutz des Wolfes auch auf Ebene des Unionsrechts (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, kurz FFH-RL) zu senken. Anfang Juni hat der Rat der EU die Herabsetzung des Schutzstatus des Wolfes in der FFH-RL final angenommen, diese tritt Ende Juni in Kraft. Der Wolf ist nun nicht mehr “streng geschützt” (Anhang IV), sondern nur mehr “geschützt” (Anhang V). Die Pflicht der Mitgliedstaaten einen günstigen Erhaltungszustand zu erreichen, bleibt aber bestehen. Der Erhaltungszustand des Wolfs in Österreich ist ungünstig. Das heißt: Wolfstötungen sind nach wie vor nur in ganz konkreten Einzelfällen rechtlich zulässig. Die Naturschutz- und Jagdgesetze der Bundesländer müssen den Wolf nach wie vor durch Jagdverbote oder starke Beschränkungen der Jagd schützen.