Die Verfassungswidrigkeit der alten Übergangsfrist
Mit einer Novelle des Tierschutzgesetzes (TSchG) hat der Gesetzgeber im Jahr 2022 ein Verbot unstrukturierter Vollspaltenbuchten für die Haltung von Absetzferkeln, Zuchtläufern und Mastschweinen beschlossen. Aus Tierschutzsicht handelte es sich dabei um ein „Pseudovollspaltenverbot“, da weiterhin der gesamte Boden aus Spalten bestehen darf. Lediglich dort, wo die Schweine liegen, muss der Spaltenanteil von 15 % auf 10 % verringert werden. Nichtsdestotrotz entbrannte seither ein politisches Ringen um die Länge der Übergangsfristen – denn das Verbot soll nicht für alle Betriebe gleichzeitig gelten.
Das Verbot gilt seit 1.1.2023 für alle ab diesem Datum neu gebauten oder umgebauten Anlagen. Für alle sonstigen bereits davor bestehenden Anlagen, die in Einklang mit den damals geltenden Tierschutzvorschriften standen, galt das Verbot ursprünglich erst ab dem 1.1.2040. Für diese Betriebe bestand daher eine 17-jährige Übergangsfrist. Der VfGH sah in dieser langen Übergangsfrist eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen den Betreibern neuer und bereits bestehender Anlagen. Er stellte klar, dass die Festlegung der Übergangsfrist eine Abwägung zwischen dem Interesse des Investitionsschutzes der Anlagenbetreiber und dem Interesse des Tierschutzes erfordert. Bei dieser Abwägung ist es nicht erlaubt einseitig auf den Investitionsschutz abzustellen. Zudem sah es der VfGH als problematisch an, dass die Übergangsfrist pauschal für alle Betriebe galt, egal wann die Investition getätigt wurde. Die Übergangsfrist war somit verfassungswidrig. Der VfGH ordnete an, dass sie mit 1.Juni 2025 außer Kraft tritt. Das hätte bedeutet, dass es ab diesem Zeitpunkt für alle betroffenen Anlagen unstrukturierte Vollspaltenbuchten verboten gewesen wären.
Neue Übergangsfristen – Zweifel an der Verfassungskonformität
Damit es dennoch eine Übergangsfrist gibt, beschloss der Gesetzgeber Ende Mai eine neue Regelung. Für bereits bisher bestehende Anlagen, die ab 2023 weder neu errichtet noch umgebaut wurden, gilt das Verbot nunmehr ab 1. Juni 2034 (11 Jahre Übergangsfrist). Wurden Haltungsanlagen aber im Zeitraum von Juni 2018 bis Ende Dezember 2022 neu gebaut bzw. bei bestehenden Anlagen bauliche Maßnahmen an Boden oder Buchtengröße vorgenommen, beträgt die Übergangsfrist 16 Jahre ab Fertigstellung der baulichen Maßnahmen – also nur ein Jahr weniger als in der verfassungswidrigen Version.
Der Gesetzgeber hat einerseits eine pauschale Übergangsfrist von 11 Jahren festgelegt und eine individuelle Frist von 16 Jahren. Die Länge der Übergangsfristen zeigen, dass der Fokus nach wie vor auf dem Interesse des Investitionsschutzes anstatt auf jenem des Tierschutzes liegt. Zudem führt die Regelung nach wie vor zu Ungleichbehandlungen zwischen Anlagenbetreibern, deren sachliche Rechtfertigung fraglich ist. So gilt das Verbot beispielweise für einen Betreiber, der im Jänner 2023 umgebaut hat, bereits seither, während es für Umbauten aus Dezember 2022 erst im Dezember 2038 in Kraft tritt. Das kann auch dann gelten, wenn es sich bei den Umbauten im Dezember 2022 um geringfügig kleine Investitionen handelte. Somit ist auch die Verfassungskonformität der neuen Regelung fraglich.