Zusammenfassung aktueller umweltrechtlicher Entscheidungen

Schlussanträge: Polen verstößt mit Braunkohleabbau gegen EU- Recht

Tschechien klagte vor dem EuGH gegen die Verlängerung der Gültigkeit einer Braunkohleabbaubewilligung durch Polen an der tschechischen Grenze. Die Verlängerung des Braunkohleabbaus im Tagebau Turow wurde für weitere sechs Jahre ohne Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bewilligt. Generalanwalt Pikamäe ist der Ansicht, dass Polen dadurch gegen Unionsrecht verstoßen hat. Durch die erheblichen Umweltauswirkungen, die vom Tagbauwerk ausgehen, sei zwingend eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Eine generelle Freistellung sämtlicher Bergbaustätten von der UVP- Pflicht sei mit den Anforderungen der UVP- Richtlinie unvereinbar. Eine Prüfung der Projekte muss im Einzelfall, gemessen an den konkreten Auswirkungen erfolgen. Eine solche Verlängerung ohne vorherige UVP würde auch die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit verhindern. EuGH 03.02.2022, C-121/21

Antragsbefugnis bei EU-Luftqualitätsrichtlinie

Einen Antrag auf Errichtung richtlinienkonformer Probeentnahmestellen, kann grundsätzlich von betroffenen Personen gestellt werden, welche von der Überschreitung der Schadstoffgrenze in der Luft unmittelbar betroffen sind. Bereits im September 2019 stellte der VwGH fest, dass die Messpunkte der Schadstoffgrenzen nicht nur am Wohnort der Person zu überprüfen sind. Eine unmittelbare Betroffenheit ist auch gegeben, sollte es zu einer Überschreitung an Orten kommen, an denen sich die Person regelmäßig aufhält. Nun setzte sich der VwGH mit dem Problem auseinander, dass Grenzüberschreitung von Schadstoffen in der Luft überhaupt erst durch die Errichtung von richtlinienkonformen Probeentnahmestellen festgestellt werden können. Die unmittelbare Betroffenheit könnte erst danach geprüft werden. Daher war im vorliegenden Fall eine unmittelbare Betroffenheit als Voraussetzung für den Antrag auf Errichtung der Probeentnahmestellen nicht erforderlich. Der VwGH hob die angefochtene Entscheidung auf. VwGH 21.10.2021, Ra 2020/07/0117-6

Städte dürfen über Typengenehmigungen selbst bestimmen

Der EuGH hebt das Urteil des Gerichts über die teilweise Nichtigerklärung der Verordnung der Kommission zur Festsetzung von Emissionsgrenzen für die Prüfungen im tatsächlichen Fahrbetrieb von leichten Neufahrzeugen auf. Die Klagen von Paris, Brüssel und Madrid scheiterten an der Zulässigkeit. Die Verordnung hindere Städte lediglich daran, den Verkauf von Fahrzeugen zu untersagen, welche der Verordnung entsprechen. Die Teilnahme am Verkehr aus Umweltschutzgründen kann von den Städten aber sehr wohl verboten werden. Mangels unmittelbarer Betroffenheit der Städte durch die Verordnung sind deren Klagen unzulässig. EuGH 18.02.2022, C-178/ 19 P

Zurückweisung der Naturschutzklage gegen Bayern

Im Urteil vom 22.02.2022 klärte der EuGH die Frage, ob dem Erlass einer nationalen Maßnahme zum Schutz von Natur und Landschaft eine strategische Umweltprüfung vorausgehen muss. Die Umweltvereinigung BUND Naturschutz in Bayern klagte gegen die Verkleinerung des Landschaftsschutzgebietes „Inntal Süd“. Zuvor hatte der Landkreis Rosenheim 2013 eine Verordnung über jenes Landschaftsschutzgebiet erlassen, welche eine Verkleinerung des Schutzgebietes um 650 ha bewirkte. Der Landkreis hätte vor Erlass eine strategische Umweltprüfung durchführen müssen. Ob eine solche Pflicht tatsächlich besteht oder nicht, ist nach der aktuellen EuGH-Entscheidung eine Frage des Einzelfalls. Konkret entschied der EuGH, dass die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Inntal Süd“ grundsätzlich kein Plan sei, der einer Umweltprüfung nach EU-Recht unterzogen werden muss. EuGH 22.02.2022, C-300/20