Entwurf für RED III Umsetzung in Tirol vorgelegt
Ende Mai legte die Tiroler Landesregierung einen Entwurf für die teilweise Umsetzung der RED III in Elektrizitätsgesetz, Naturschutzgesetz, Bauordnung und Raumordnungsgesetz vor. Die Richtlinie sieht zur Beschleunigung der Energiewende weitgehende Verfahrenserleichterungen- und Ausnahmen vor, die aus Sicht des Umweltschutzes sehr kritisch zu betrachten sind. Da die Kompetenz für Naturschutz in Österreich auf Landesebene verankert ist, ist es für Teile der Richtlinie Aufgabe der Länder, diese umzusetzen. Nach Salzburg ist Tirol das zweite Bundesland, das einen Entwurf für die Umsetzung vorgelegt hat.
Parteistellung der Standortanwaltschaft
Bisher hatte die Standortanwaltschaft, die öffentliche Interessen betreffend den Wirtschaftsstandort in Verfahren darlegen soll, ausschließlich in UVP-Verfahren Parteistellung. Nun soll durch den Tiroler Entwurf auch eine Parteistellung in nahezu allen Naturschutzverfahren eingeführt werden. Das kritisieren ÖKOBÜRO und WWF in ihrer Stellungnahme als nicht nachvollziehbar. Bislang ist noch nicht einmal die völker- und europarechtlich verpflichtende Parteistellung für Umweltorganisationen in Naturschutzverfahren umgesetzt worden. Eine Standortanwaltschaft ist auf diesen Ebenen gar nicht vorgesehen. Die Standortanwaltschaft nimmt in ihrem Selbstverständnis ausschließlich die Seite der Projektwerbenden ein. Laut WKÖ-Webseite unterstützt sie "nur in Absprache mit dem Projektwerber" dessen Interessen an der Verwirklichung von Projekten. Im Wesentlichen stellt die Standortanwaltschaft also eine kostenfreie Unterstützung großer Industrie- und Energiebetriebe in Naturschutzverfahren dar. Da sie sich nur für neue Vorhaben und nicht dagegen aussprechen kann, hat die Standortanwaltschaft selbst aus rein volkswirtschaftlicher Perspektive keine Möglichkeit, die gesamten Interessen an einem Wirtschaftsstandort tatsächlich gegeneinander abzuwägen. Langfristig gesehen wäre darüber hinaus für den Standort gerade Umwelt- und Klimaschutz von höchster Relevanz.
Vermutung des überragenden öffentlichen Interesses und Artenschutz
Im Zuge der Umsetzung der Bestimmungen der RED III enthält der Tiroler Entwurf auch Gesetzesänderungen, die weit über deren Inhalte hinausgehen. Bei der Vermutung eines überragenden öffentlichen Interesses in Einzelfallabwägungen wird im Entwurf ein "zwingendes öffentliches Interesse" eingeführt, das den Zweck der Bestimmungen aus der RED III widerspricht. Durch die Änderungen der Ausnahmen vom Tötungsverbot für geschützte Arten sind weitreichende negative Auswirkungen auf den Erhalt der Arten und Lebensräume zu erwarten. Darüber hinaus soll das artenschutzrechtliche Bewilligungsverfahren in bestimmten Fällen in ein Anzeigeverfahren umgewandelt werden. Das widerspricht sowohl der FFH- und Vogelschutzrichtlinie als auch der Aarhus-Konvention. Eine derartige Aufweichung des Artenschutzes geht weit über die Vorgaben der RED III hinaus.
Forderung nach dem Ausschluss bestimmter Technologien von der Vermutung des überragenden öffentlichen Interesses
In Art 16f der RED III ist eine Ausnahme von der Vermutung des überragenden öffentlichen Interesses für den Ausbau erneuerbarer Energie vorgesehen, mit der die Mitgliedstaaten bestimmte Gebiete oder Technologieformen von dieser Vermutung ausnehmen können. Aufgrund des bereits massiven Ausbaus der Wasserkraft in Tirol sind Ausnahmen vom überragenden Interesse für den weiteren Ausbau der Wasserkraft dringend nötig. Sollte die gesetzliche Vermutung, die im Entwurf umgesetzt wird, für Wasserkraftprojekte uneingeschränkt angewendet werden, sind die letzten intakten Fließgewässer Tirols in Gefahr, und dies, ohne einen wesentlichen Betrag zur Energiewende zu leisten.
ÖKOBÜRO und der WWF fordern daher in ihrer Stellungnahme, dass die Tiroler Landesregierung die im Konsultationsverfahren eingegangenen Stellungnahmen ernst nimmt und den Gesetzesentwurf gründlich überarbeitet.